„Jean-Luc Bannalec wurde 1967 in Brest geboren; sein Vater ist Bretone, seine Mutter Rheinländerin. Er arbeitet in Deutschland und Frankreich und lebt mit seiner Familie in beiden Ländern. Bretonische Verhältnisse ist sein erstes Buch; weitere Fälle von Kommissar Dupin folgen“. So steht es im Klappentext des ersten Bandes, in dessen Mittelpunkt Kommissar Dupin steht. Der 2012 erschienene Krimi ist übrigens optisch sehr ansprechend aufgemacht.
Der Website des Verlages Kiepenheuer & Witsch kann man entnehmen, dass Jean-Luc Bannalec ein Pseudonym ist; der Autor ist in Deutschland und im südlichen Finistère zu Hause. An dieser Stelle beginnt eine zweite Geschichte. Sie befasst sich mit der Frage, wer hinter diesem Pseudonym steckt. Hierzu gibt es in der WELT vom 6. Juni 2012 eine Recherche mit einer handfesten Vermutung.
Mit dem Kauf des dreihundert Seiten dicken Buches bin ich einer nachdrücklichen Empfehlung meiner heimatlichen Buchhändlerin gefolgt. Sie hatte Recht.
Bereits auf der ersten Umschlag-Innenseite zeigt ein großer Kartenausschnitt die Region, in der die Handlung spielt. Das ist gut gemacht und verdient ein Lob.
Es ist ein Regionalkrimi, wie man ihn sich wünscht. Aber darüber hinaus noch viel mehr:
Ein Reise-Verführer, ein kleiner Kunst-Führer und ein handwerklich gut gemachter Krimi. Das alles in einem Buch. Es liest sich leicht. Die Schilderungen dieser ganz besonderen Region lassen Bilder im Kopf entstehen, die sich nur langsam auflösen, aber auflösen müssen. Schließlich muss ein Mord in Pont Aven aufgeklärt werden. Da dieser Ort Ende des 19. Jahrhunderts durch seine Künstlerkolonie, vor allem durch Paul Gauguin, weltberühmt wurde, kann sich der Leser vorstellen, welchem Druck von oben Monsieur le Commissaire Georges Dupin ausgesetzt ist.
Kommissar Dupin wurde von Paris, wo natürlich wesentlich mehr los war, in die entlegene Provinz „versetzt“. Verfolgt man seine Gedanken und Wege im Zuge der Verbrechensaufklärung, entsteht ein gewisses Maß an Verständnis für die Entscheidung seiner ehemaligen Pariser Vorgesetzten.
Der Kommissar ist ein Ermittler, wie er im Buche steht. Ihn beschäftigt nur die Aufklärung des Falles. Ständige Nachfragen und versteckte Vorwürfe des Bürgermeisters und des Präfekten, deren Interessen in erster Linie politischer Natur sind, nimmt Dupin bestenfalls zur Kenntnis. Das führt wiederum zu leichter Verstimmung in den oberen Etagen.
Aber auch die niederen Chargen, in Gestalt seiner beiden Inspektoren Kadeg und Riwal, haben es nicht leicht. Teamarbeit sieht anders aus.
Eine Ausnahme bildet da schon seine Sekretärin Nolwenn. Sie ist nicht nur eine glänzende Organisatorin und kennt sich aus im örtlichen Netzwerk, ohne das ein Fremder nicht auskommt, sondern gibt ihrem neuen Chef auch Nachhilfe im richtigen Umgang mit seinen Mitmenschen, den Bretonen. Denn deren Verhaltensmuster unterscheidet sich gewaltig von denen der Großstädter, mit denen der Kommissar bislang zu tun hatte.
Die Unbeirrbarkeit des Protagonisten und das Genießen können machen ihn sympathisch und geben ihm unverwechselbare Eigenschaften. Ein wenig schrullig, etwas poltrig und … er ist halt Franzose … der Damenwelt nicht abgeneigt.
Ich empfehle dieses Buch allen, die neugierig sind auf das Kennenlernen einer neuen Region und sich gern anregen lassen. Ferner allen, denen die Krimis von Martin Walker vertraut sind und seinen Chef de police Bruno schätzen. Der ermittelt weiter südlich, im Périgord.