Rezension

Von einem bestimmten Seitenumfang an muss der Autor schon einiges bieten, um den Leser bei Laune und Spannung zu halten. Wer zu 541 Seiten Lektüre auffordert, muss sich schon sehr sicher fühlen. Um es gleich vorweg zu nehmen. Volker Kutscher kann sich das leisten. Er hat es vorzüglich verstanden, die Handlung mit einer ganz bestimmten Zeitepoche zu verknüpfen und dem Leser das Leben der Filmmetropole Berlin hautnah zu vermitteln. Ich habe mich mehrfach gefragt: War er wohl dabei? 
So sehr sich auch die Frage nach dem Täter stellt, so gut erzeugt die Geschichte auch das notwendige Maß an Gelassenheit, um die Seiten nicht überfliegen zu wollen. Wehe, lieber Leser, Sie unterliegen der Versuchung, Seiten zu überschlagen. Sie begeben sich in die Gefahr, wichtige Informationen zu überlesen. 
Das war viel Lob vorweg.
Protagonist des Buches ist der junge Kommissar Gereon Rath – stets Rath genannt. Auf seine recht eigenwillige Art und Weise zu ermitteln, reagieren seine Kollegen zuweilen mit Stirnrunzeln und sein direkter Vorgesetzter, Oberkommissar Wilhelm Böhm, mit geschwollener Halsschlagader. 
Das nimmt Rath zur Kenntnis, denn Rath ist von der Richtigkeit seines Tuns sehr überzeugt. Von Kompromissen hält er wenig. Das betrifft auch den privaten Teil seines Lebens, insbesondere das Verhältnis zu seinen Eltern. Da werden schon mal klare Worte gesprochen. Dass Gereon Rath auch einen weichen Kern hat, offenbart sich im Laufe der Geschichte. 
Der Tod einer Schauspielerin in einem Filmstudio ist der Start zu minutiös beschriebenen Ermittlungen, die einerseits nur eine ganz bestimmte Richtung zulassen, andererseits viel Spielraum für Fantasie bieten. 
Fantasie und Filmwelt sind die Spielwiese für Kommissar Rath. Nur mühsam lässt er sich bremsen. Er arbeitet am liebsten im Alleingang und berichtet hinterher. Auch bei der Wahl seiner Mittel, was die Beschaffung von Informationen betrifft, geht Rath eigene Wege. Zu handfesten Argumenten lässt er sich auch hinreißen, wenn es um die Ehre einer von ihm verehrten jungen Dame geht. Da kennt Rath kein Pardon – und dem Leser gefällt das. 
Der Autor hat hervorragend recherchiert. Die vielen sorgfältig beschriebenen Details zu den damaligen Lebensumständen, den politischen Verhältnissen, zu allem, was mit Film zu tun hat, zur Struktur des Polizeiapparats und natürlich zur Stadt machen das Buch zu einem höchst lebendigen Dokument. 
Das Buch erschien 2010 bei Kiepenheuer & Witsch. „Volker Kutscher, geboren 1962, arbeitete nach dem Studium brotloser Künste (Germanistik, Philosophie und Geschichte) zunächst als Tageszeitungsredakteur, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Heute lebt er als freier Autor in Köln. Mit dem Roman Nasser Fisch, dem Auftakt seiner Krimiserie um Kommissar Rath im Berlin der 30er-Jahre, gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller. Der stumme Tod  ist sein fünfter Roman.“ Das ist der Klappentext zum Buch und zugleich die Erklärung für die Qualität dieses Kriminalromans. 

 

Volker Kutscher
Der stumme Tod: Der zweite Rath-Roman

ISBN: 9783492316118

Verlag: Pieper

Erschienen: 04.05.2020

Seitenzahl: 544


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en


Kommissar/e


Tatort/e