Rezension
Anhänger von Hauptkommissar Wolfgang Treidler können zumindest in der Startphase der Geschichte ihren Protagonisten noch erleben. Missmut und offen zur Schau getragene Unlust sind seine Merkmale. Davon läßt sich seine Kollegin Carina Melchior wenig bis gar nicht beeindrucken.
Die Laune des mürrischen Hauptkommissars bessert sich zumindest für eie Weile, als seine wesentlich agilere Kollegin nämlich triumphierend die geklärte Identität eines gerade erst gefundenen Skeletts für geklärt verkündet.
Fall in Rekordzeit gelöst. Eine Akte weniger. Das Lob von übergeordneter Stelle ist dem Rottweiler Polizeirevier sicher.
An der Richtigkeit der Identität gibt es in der Tat nicht den geringsten Zweifel. Das Problem ist nur, dass es bereits eine Leiche gleichen Namens gibt. Die Duplizität sorgt für das Einschalten einer weiteren Dienststelle. Die sitzt in Stuttgart. Es handelt sich um das Dezernat T.O.M. im LKA Stuttgart. Das Buchstabenwort T.O.M. steht für Tote ohne Mörder, also ungeklärte Mordfälle.
Es gibt das übliche Gerangel, wenn zwei Dienststellen zusammenarbeiten müssen, beziehungsweise zusammenarbeiten sollten. Speziell in diesem Fall erfährt der Leser noch eine Steigerung: Das Zusammentreffen (zunächst nur verbal, weil telefonisch) von Hauptkommissar Wolfgang Treidler  und Oberkommissar Sebastion Franck vom LKA Stuttgart.
Ist das jetzt wirklich von Bedeutung für diese Rezension?
Ja. Denn eine gute Geschichte lebt nun einmal von den Menschen - und ihren Besonderheiten. Der Ansicht scheint auch der Autor zu sein, andernfalls hätte er nicht die Figur des "Oberkommissar Franck, Franck mit ck" geschaffen. Freuen Sie sich auf das Kennenlernen mit diesem Ermittler, dem Thilo Scheurer die Kriminalassistentin Franziska Hegel zur Seite gestellt hat. Sie ist zwar das krasse Gegenteil von ihm - sie verstehen sich aber prächtig. Jeder für sich so etwas wie ein Außenseiter. Das schweißt zusammen.
Auf der Lohnliste des LKA Stuttgart steht aber noch eine weitere Dame. Mit der muss sich das Duo Franck und Hegel auf jeden Fall vertragen, schließlich ist sie ihre Vorgesetzte: Marga Kronthaler, die Dezernatsleiterin. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Auszug ihrer Vita aus Seite 43 von Feuersee. Sie werden staunen. Ihre Schale ist so rau wie gewöhnungsbedürftig. Aber wen sie einmal in ihr Herz geschlossen hat, der kann sich glücllich schätzen. Sebastian Franck gehört zum Beispiel dazu.
Thilo Scheurer scheint nicht nur die Menschen zu lieben, sondern auch seine Heimat. Und von seinen Recherchen profitiert der wißbegierge Krimileser. Ob es um Strukturen im Polizeiapparat oder um Ermittlungsmethoden geht. Der Autor beherrscht sein Metier. 
Thilo Scheurer
Feuersee


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

"Thilo Scheurer, Jahrgang 1964, lebt und schreibt in einer Kleinstadt am Rande des Schwarzwalds. 2012 erschien sein Debütroman "Schwarzer Neckar", ein Regionalkrimi, im Emons Verlag (Köln). 2013 und 2014 folgten der historische Abenteuerroman "Quadriga" im Bookspot Verlag (München) sowie mit "Letzte Ausfahrt" Neckartal und Neckarteufel zwei weitere Kriminalromane im Emons Verlag. Der Autor ist verheiratet und hat zwei Kinder."

Kommissar/e

Der Autor hat zwei gute Protagonisten geschaffen. Die Hauptfigur ist aber Hauptkommissar Treidler. Das Schroffe und Mürrische bei ihm weicht rechtzeitig ein wenig auf, wenn die Stimmung zu belastend zu werden droht. Eigentlich kann Treidler sich glücklich schätzen, gerade Carina Melchior als Partnerin zu haben. Ihr äußeres Erscheinungsbild müsste eigentlich ihren Vorgesetzen in Unruhe versetzen - tut es aber nicht. Bei Treidler hat der Leser leicht den Verdacht, dass er die Existenz seiner Kollegin gerade einmal akzeptiert.

Tatort/e