Rezension
Karl-Heinz „Gonzo“ Hartinger verbringt ein aufregendes Wochenende in Berlin. Dazu hat ihn sein Freund Klaus Westphal eingeladen. Coole Clubs und Lasterhöhlen in vollen Zügen genießen statt auf dem Dachboden des Hofes von Antons Mutter, der Mitterer Kathi, zu vegetieren. Doch wer Gonzo (seit drei Bänden) kennt, kann sich diesen Ortswechsel einfach nicht vorstellen.
Deshalb verbringt der Lokalreporter Hartinger auch nicht das Wochenende in Berlin, sondern kehrt gleich nach der Landung um und folgt dem aufgeregten Ruf eines anderen Freundes. Kurt Weißhaupt, sein ehemaliger Chef bei der Süddeutschen Zeitung, und einer der ganz wenigen wohlmeinenden Freunde, bringt Gonzo dazu, umzukehren.
„Du musst diese Geschichte machen!“, brüllte Weißhaupt ins Telefon. „Damit kannst du ein Riesending landen.“
Diese wohlmeinenden Worte überzeugen.
Gonzo ist in Gedanken noch bei dem „mutmaßlichen Mordfall“, dem Grund seiner unverzüglichen Rückkehr, da wird er mit den Plänen zum Bau eines Pumpkraftspeicherwerks in seinem geliebten Loisachtal konfrontiert.
„Also Maximalverschandelung“ stellt Gonzo fest. Um dieses Thema muß er sich auch noch kümmern.
Ein paar Seiten weiter sind die Fronten für Gonzo und den Leser geklärt:
Auf Gonzos Seite stehen Kathi (die Mutter seines Sohnes), Dotti (zuständig für Zuspruch und menschliche Wärme), Weißhaupt und, seit Band drei (Stieranger), der Pyräenhund-Dogo-Mastiff-Mischling namens Bärli.
Ihm gegenüber steht der Rest der Welt, angeführt von Vertretern der örtlichen Polizeistation und erweitert um die großen Wortführer und Bestimmer in Garmisch-Partenkirchen.
Irgendwo dazwischen steht Bernd Schneider, Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamtes. Er würde sich gern auf Dauer Gonzos Dienste sichern. Denn keiner kennt Region, Gepflogenheiten und Sündenregister so gut wie der freiberufliche Lokalreporter.
Karl-Heinz Hartinger pflegt noch Werte und besitzt (immer noch) Eigenschaften, über die sich manch einer mit Leichtigkeit hinwegsetzt, weil er den eigenen Vorteil im Auge hat. Nicht so Gonzo. Unbeirrbar, aber leider auch unbelehrbar, verfolgt er Ziele, die mehr der (nichts ahnenden) Allgemeinheit nutzen als ihm.
Marc Ritter hat mit diesem Protagonisten eine Figur geschaffen, die den Leser ständig die Daumen drücken lässt. Ich habe schon aufgegeben, ihm (Gonzo) gute Ratschläge zu erteilen. Er nimmt sie ja doch nicht an. Und so fährt man gemeinsam mit dem Held der Handlung in voller Fahrt gegen die nächste Wand. 
Innerhalb weniger Wochen habe ich alle vier Bände um Karl-Heinz Hartinger gelesen und stelle fest, dass auch der Autor von Band zu Band Entwicklungsschritte vollzogen hat. Die Sprache (für mich ein ganz wichtiges Kriterium) nimmt immer mehr Raum ein und wird stetig „gewaltiger“ (ich laß´das mal so stehen, vielleicht fällt mir später noch etwas Treffenderes ein). Auch die Figuren haben an Kraft gewonnen.
Marc Ritter schreibt deftige Kriminalgeschichten aus dem Loisachtal mit einer ungeheuren Portion Lokalkolorit. Die vielfach zitierte Weisheit „Übertreibung macht anschaulich“ passt hier haargenau. Nebenher erteilt der Autor dem Leser etwas Unterricht in Heimatkunde und Geschichte – kann ja nie schaden.
Frauenmahd erscheint, wie Josefibichl, Herrgottschrofen und Stieranger bei Piper. Ich sehe gerade, dass es nach der ersten Auflage im Februar 2015 bereits im April eine zweite gab. Da bestand wohl eine Nachfrage. 
Marc Ritter
Frauenmahd


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

"Marc Ritter, geboren 1967 in München, wuchs in Garmisch-Partenkirchen auf, wo er nach dem Abitur Zivildienst machte und für eine Garmisch-Partenkirchner Lokalzeitung über Politik, Sport und Nachtleben berichtete. Zum Studium von Germanistik, Politikwissenschaften und Werbepsychologie sowie einer Marketingausbildung kehrte er nach München zurück. Ritter arbeitete als Manager für große deutsche und amerikanische Print- und Online-Medien und ist seit mehreren Jahren als Unternehmensberater tätig. Er wohnt mit seiner Familie in München."

Kommissar/e

In Schere 9 soll sich Hauptkommissar Heinz Baldur um die Klärung all der Fragen klären, die im Zusammenhang mit der Ermordung untreuer Ehemänner stehen. Er war voher Erster Hauptkommissar von der Kölner Mordkommission und ist seit etwa acht Monaten Hauptkommissar bei der Frankfurter Mordkommission. In Köln wäre er fast selbst Mordopfer geworden, eine Therapie hat er abgelehnt. Der Kölner Oberstaatsanwalt Theo Prunk hatte sich höchstpersönlich darum bemüht, Hauptkommissar Heinz Baldur nach fünf Wochen wieder diensttauglich zu schreiben „Neue Stadt, neue Herausforderungen, die Altlasten in den Rhein und am Main neue Fälle.“ Aber die Phantasie in seinem Kopf läßt ihn manchmal schwer Wahn und Wirklichkeit auseinanderhalten. Heinz Baldur ermittelt weiter in Die Alpen sehen und sterben. Mehr verrate ich an dieser Stelle nicht. Hier schlüpft er in eine ganz besondere Rolle.

Tatort/e