„Bengt Thomas Jörnsson, geboren 1969 in Bremerhaven, ist Pädagoge, Germanist und promovierter Psychologe. Bevor er sich ganz dem Schreiben gewidmet hat, war er einige Jahre in der Wissenschaft tätig. Jörnsson ist verheiratet und lebt und arbeitet in Kiel.“ So steht es im Klappentext.
Das, was der Autor mit „Heimat“ umschreibt, ist St. Peter-Ording, der Ort mit dem unglaublich weitläufigen Strand. Sie fahren von Hamburg kommend Richtung Norden auf der A 23, die in die Bundesstraße 5 übergeht und biegen Höhe Tönning nach Westen ab. Jetzt befinden Sie sich auf der Halbinsel Eiderstedt, hier beginnt bereits die Erholung für die Augen. Das heißt, wenn Sie nicht in Tönning schwach geworden sind und am Hafen, mit Blick auf die Kutter, schon mal etwas mit Fisch essen.
Über die endlose Weite des Strandes, der bei Ebbe noch gewaltigere Ausmaße annimmt, gerate ich jedes Mal erneut ins Staunen und Schwärmen.
Das, was der Autor mit „erotisch“ beschrieben hat, ist auch erotisch. Also, liebe Leser, bitte nicht beschweren, wenn Ihnen der Krimi zu „hautnah“ vorkommt.
Der Begriff „Heimat“ passt im Fall Friesen Fetisch eindeutig besser als „Regionalkrimi“ zu Eiderstedt.
Eine lange Vorrede – musste aber sein.
Wenn in einem Familienbad wie St. Peter-Ording eine Boutiquebesitzerin tot am Strand aufgefunden wird und nichts weiter trägt als einen Nerzmantel, dann wird aus einem gewöhnlichen Mord ein ungewöhnlicher Mord.
Zwar sind die Einheimischen sämtlich bestens informiert (zum Teil auch selbst beteiligt) an den Auseinandersetzungen zwischen Britta Buddenberg, Inhaberin der neu eröffneten Pelzboutique im Ort, und der Tierschutzorganisation Free Nature, aber ein Mord geht dann doch zu weit.
Die bisherigen Aktionen der Tierschützer beschränkten sich auf das Werfen von Farbbeuteln und das Einschlagen von Fensterscheiben und nun liegt Britta Buddenberg ermordet im Watt.
Wer war das?
Das soll die Kriminalhauptkommissarin Katharina Berg von der Polizeidirektion Husum herausfinden. Als Unterstützung vor Ort hat sie den zweiundzwanzig-jährigen Polizeimeister Nils Hansen aus Garding auserkoren. Den kennt sie von einem früheren gemeinsamen Polizeieinsatz.
In der Folge dieses sehr kurzweilig geschriebenen Kriminalromans prallen während der Tätersuche höchst unterschiedliche Welten aufeinander. St. Peter-Ording ist weder Sylt noch Hamburg, wo Pelz auf nackter Haut und freizügige Fotos als nicht sonderlich aufregend wahrgenommen werden. Die Verhaltensmuster der Menschen auf dem platten Land sind die Folge des langen Winters, der zu kurzen Saison und der harten Anforderungen eines bäuerlichen Lebens. Jeder, dessen Verhalten von diesem seit ewigen Zeiten bekannten Muster abweicht, wird verdächtigt. Entweder von seinem Ehepartner oder von der Polizei.
Mit Katharina Berg ist Bengt Thomas Jörnsson eine Protagonistin mit Format gelungen. Sie agiert nicht übertrieben selbständig und weist keine Allüren auf, obwohl das Elternhaus genügend Möglichkeiten bieten würde.
Als auswärtige Ermittlerin sind Katharinas Spielräume begrenzt. Als „Mann vor Ort“ spannt sie deshalb den jungen Nils Hansen ein. Seine Begeisterung für die neue ungewohnte Aufgabe, die ihm die attraktive Kriminalhauptkommissarin stellt, schrumpft merklich, als er das Ausmaß erkennt. Von ihm wird voller „persönlicher“ Einsatz gefordert. Nils Hans ist hin und her gerissen. Der Bauernsohn, der er im Herzen immer noch ist, steht mit einem Mal wirklich sprichwörtlich im Rampenlicht.
So, mehr verrate ich nicht, liebe Leser. Wenn Ihnen während der Lektüre ein wenig Seeluft um die Nase weht, könnte das inspirierend wirken.
Friesen Fetisch erschien im März 2016 bei emons:.