Kaum zu glauben, dass dieser Cay Rademacher auch die Hamburg-Krimis aus der Nachkriegszeit geschrieben hat. Meine Anerkennung. Und mit gleicher Konzentration auf den Fall, die Akteure und die Handlung geht er in Gefährliche Côte Bleue vor. Natürlich präsentiert er den Lesern Stück für Stück „seine“ Provence. Er lebt schließlich dort und kennt sich demzufolge aus. Überschwang, der nicht zur Sache gehört, liegt ihm nicht. Dadurch werden Bilder und Eindrücke glaubhafter. Finde ich jedenfalls. Capitaine Roger Blanc soll gemeinsam mit seinem Kollegen Marius Tonon, er schätzt zum Leidwesen seiner Kollegen den Róse über alle Maßen, eine geheimnisvolle Tauchmission der Regierung begleiten. Eigentlich eine Aktion mit hohem Freizeitwert. Doch es kommt anders. Die beiden Polizisten finden einen toten Taucher. So manch einem wäre die Version eines Unfalls lieber gewesen, aber es war nun einmal Mord.
Wer hat Grund, Luc Mignaux umzubringen? Einen Fischer, der die Gesellschaft meidet, bei dem nichts zu holen ist, der sich in erster Linie für die Interessen seinesgleichen einsetzt.
Es wird zum ersten Mal vom Wracktauchen gesprochen. Die Leute reden, vermuten und schweigen. Sagenhafte Schätze sollen genau in dieser Region auf dem Meeresboden liegen. Die Geschichten sind wahr! Genau hier! Aber wo ganz genau, das könnte eigentlich nur der alte Mignaux wissen. Angesichts drohenden Ungemachs in Form empfindlicher Strafen von Seiten der Regierung sagt man aber lieber nichts.
Der Traum von einem gefundenen Wrack ist nicht der einzige, der an der Côte Bleue geträumt wird. Der Politiker und Geschäftsmann Claude Figaroli träumt beispielsweise ernsthaft von den Olympischen Spielen 2024. Sollte Paris den Zuschlag erhalten, wären die Calanques, die zerklüftete Felsenküste westlich und östlich von Marseille, das ideale Segelrevier.
Und dann gibt es noch Menschen, die haben Albträume. Vor einer gewaltigen Bedrohung. Einigen wenigen ist sie bekannt. Das Wissen behalten sie lieber für sich. Diese Schweinerei hat ein solches Ausmaß, dass es Blanc den Atem verschlägt.
Capitaine Roger Blanc ermittelt in gewohnter Weise. Stur, dickköpfig, seiner aus Marius und Fabienne bestehenden Truppe vertrauend und viel zu oft an Aveline denkend. Ausgerechnet Aveline. Seine Nachbarin macht ihm unübersehbar schöne Augen, oder spielt sie nur mit ihm?
Es ist Blanc nicht in die Wiege gelegt, den einfachen Weg zu gehen. Er geht den geraden, den direkten, den durch die Wand. Blanc ist am Ende der Geschichte kein strahlender Sieger, er wird nicht gefeiert – dafür wird er respektiert und genießt bei den Menschen, die ihm wichtig sind, Hochachtung. Blanc ist sich selbst wichtig, er möchte sich selbst in die Augen schauen können. Und das kann er stets am Ende der Geschichte, so auch in Gefährliche Côte Bleue.
Es ist der vierte Band um Commissaire Roger Blanc. Er schien im Mai 2017 und wieder bei DUMONT. Sehr hilfreich und informativ ist übrigens die vierfarbige Landkarte in der Innenklappe.