Hafenstraße 52 ist der dritte Fall mit dem Privatermittler Simon Winter. Lieber Leser, um Sie gleich in die richtige Lesestimmung zu versetzen verspreche ich Ihnen eine mehr als spannende Geschichte, die zudem auf wahren Begebenheiten beruht. Dazu einen Ermittler, dessen Vita Sie mindestens ebenso sprachlos macht und bewegt wie die Handlung.
Jobst Schlennstedt leistet mit diesem Buch einen höchst eindrucksvollen Beitrag zu einem großen Thema mit trauriger Aktualität.
Der Autor bietet dazu mit Hafenstraße 52 nicht eine weitere literarische Variante, sondern baut seine fiktive Geschichte auf einer wahren Begebenheit auf: In der Nacht zum 18. Januar 1996 wurde ein Brandanschlag auf ein Haus für Asylbewerber in der Lübecker Hafenstraße verübt – zehn Opfer wurden damals beklagt.
Der Sachverhalt war unbestritten. Genauso unbestritten ist leider auch, dass alle verdächtigten Personen freigesprochen wurden und der oder die Täter bis heute unbekannt blieben.
Heute, zwanzig Jahre später, steht ein weiterer schwererer Anschlag auf eine Asylunterkunft vor. Das erfährt Simon Winter unter reichlich merkwürdigen Umständen. Und zwar nur Simon Winter, nicht die eigentlich zuständige Kriminalpolizei. Namenlos ist diese Hinweis-Geberin, denn es handelt sich um eine Frau. Ihre wenigen Hinweise auf einen weiteren Anschlag genau zum Jahrestag des 1996 verübten Brandanschlags sind dürftig, reichen aber aus, um den Privatermittler in Unruhe und Aktion zu versetzen.
An dieser Stelle wird es Zeit für ein paar Hinweise zur Person des Simon Winter. „Es hatte sich herumgesprochen, dass er der scharfsinnigste Ermittler weit und weit war. Klienten kamen auf ihn zu und sprachen ihn an.“ Da solche Aufträge bislang alles andere als lukrativ waren, sind Winters finanzielle Verhältnisse als nicht gesichert anzusehen.
Doch war für ihn Geld nie die treibende Kraft gewesen, ihm ging und geht es allein um das Lösen nahezu aussichtsloser Fälle. Um es auf den Punkt zu bringen: Bislang hat Winter die Fälle gelöst und den Ruhm samt Schlagzeilen der Polizei überlassen. Denn ein wenig Unterstützung von offizieller Seite braucht er stets. So auch in diesem Fall.
Als er mit seinen dürftigen Information im Kopf das Polizeihochhaus betritt, um seinem ehemaligen Chef der Lübecker Mordkommission, Birger Andresen, die Zusammenarbeit anzubieten, trifft er stattdessen auf die attraktive Hauptkommissarin Ida-Marie Berg.
Diese ist zwar über das seit Jahren anhaltende Zerwürfnis zwischen Andresen und Winter bestens informiert, lässt sich aber auf einen Deal (andersläßt sich diese Form der Zusammenarbeit nicht beschreiben) mit dem Privatermittler ein. Immerhin etwas, aus Winters Sicht.
Jobst Schlennstedt hat diese Ida-Marie Berg geschickt ins Spiel gebracht und so auf eine lautstarke Fortsetzung des unergiebigen Streits zwischen Andresen und Winter verzichtet.
Neben dem immer spannender werdenden Handlungsablauf macht der Autor den Leser mit dem Leben und Leiden des Privatermittlers vertraut. Das ist fast eine weitere Geschichte. Sie lenkt nicht ab sondern hilft, das Denken und Handeln von Simon Winter zu verstehen.
In diesem Buch wird nicht nachträglich angeklagt oder auf Versäumnisse Dritter hingewiesen. Der Autor versteht es, sich auf andere Weise dem Leser mitzuteilen.
Hafenstraße 52 erschien im Mai 2016 und, wie die acht vorangegangenen Krimis auch, bei emons:.