Waren Sie schon einmal in Südtirol? Gut. Auch in den Tälern, die sich zu Beginn so freundlich und einladend zeigen und dann doch immer enger und kurviger werden, so dass man ans Umkehren denkt? Schon besser. Mit ein wenig Geduld wird man am Ende des Tales häufig genug belohnt. Das Tal endet, es öffnet sich eine weite Ebene, manchmal auch ein spiegelglatter See.
Zu einem Tal gehören auch Bewohner. Die hier geboren wurden, hier aufwuchsen und auch hier sterben werden. Sein Tal verlässt man nicht. Das Tal bedeutet Heimat und Geborgenheit. Jedes Tal ist eine eigene Welt. 
So auch das Passeiertal, in dem die Familie Krawinkel set Urzeiten lebt.
Hier wird ein Toter gefunden. Das war klar, es ist schließlich ein Kriminalroman. Allerdings lässt die Inszenierung der Leiche (anders kann man es nicht beschreiben) Hinweise auf ein Gemälde Botticellis zu. 
An der Stelle teilen sich die Wege des Commissario Grauner und seines neapolitanischen Kollegen Saltapepe. Dieser fährt nach Florenz und geht dort einer Spur nach.
Verwirrend?
Es scheint so und ist am Ende doch logisch.
Und welche Rolle spielen das dunkle Tal und die noch düster wirkende Familie Krawinkel? 
Passt das alles zusammen? Ergibt das einen Sinn, der sich dem geschätzten Leser auch am Ede logisch erschließt?
Ein klares Ja ist die Antwort. Auch der achte Band aus der Feder des sowohl präzise als auch (wie gewohnt) spannend schreibenden Autors kann die Herzen der Leserschaft nur erfreuen.
Dabei ist dieser Band keineswegs (nur) eine Fortsetzung der Commissario Grauner-Reihe. Lenz Koppelstätter bietet seiner angestammten Leserschaft vielmehr tiefe Einblicke in das Leben seiner beiden „Helden“ Grauner und Saltapepe. 
Gehört das auch zu einem Krimi?
Zu einem guten auf jeden Fall.
In tiefen Seen erschien am 12. Januar 2023 und wieder bei Kiepenheuer & Witsch.