Rezension

Die Handlungsabläufe eines Krimis, ob in gedruckter Version oder als Film (vornehmlich Tatort) kennen Sie. Es wird ein Mord verübt (vornehmlich im Dunklen, auf jeden Fall aber bei schwacher Beleuchtung) und nur wenige Seiten beziehungsweise Minuten später erscheinen ein Kommissar (nie allein) und alle, die zur Aufklärung eines Verbrechens notwendig sein. Eigentlich könnte man jetzt vorblättern oder vorspulen. 
Tut aber keiner.
Denn jetzt kommt die Stelle, wo der wortkarge Kommissar oder die Kommissarin etwas entdeckt, was die Spurensicherung (noch) nicht entdeckt hat. Irgendetwas Unscheinbares, aber dafür wichtig erscheinendes.
Dieses Szenario bietet Cornelia Leymann nicht.
Nicht einmal ansatzweise.
Gut, es gibt Kriminaloberkommissar Janssen, dessen Name von Seite zu Seite mal auftaucht. Das ist aber jetzt kein Ermittler, der vordergründig – siehe oben – ein Verbrechen aufklären will. Nein, er ist beim morgendlichen Studium der Kieler Nachricht über die Meldung zweier Todesfälle in einer Familie gestolpert. 
Das ist in Kiel schon recht auffällig und KOK Janssen sieht darin genügend Hinweise für sich, bei den verbliebenen Lebenden der Familie von Weinstein mal nachzufragen. 
Ist die Existenz des KOK Janssen für die Autorin das Alibi für einen Krimi?
Nein, das hat Cornelia Leymann nicht nötig. Sie schleust eine Protagonistin in die Handlung, die der Leser zunächst für eine, sagen wir mal, leicht bemitleidenswerte Erscheinung hält. 
Ellen heißt die Hausfrau, Mutter, Ehefrau und Unterdrückte. Wobei sich das Unterdrückte nicht auf den Ehemann, sondern auf die im selben Haushalt lebende, recht dominierende, Großmutter bezieht.
Das soll ein Krimi werden?
Warten Sie doch mal ab! Ich war auch ungeduldig. 
Wie von selbst entwickelt sich nämlich die Geschichte um das Ableben zweier Familienmitglieder, die von einem auf den anderen Moment ums Leben kommen.
Bereits nach dem Ableben der Großmutter vollzieht sich in Ellen eine unerwartete Wandlung: Ellen beginnt zu leben und ihr eigenes Leben zu gestalten.
Ich könnte Ihnen noch von Oliver erzählen. Aber das ist eine eigene Geschichte.
Noch ein paar Worte zur Sprache (diese Formulierung merke ich mir).
Die Autorin beweist in Kieler Kriminalitäten wieder einmal die Kunst der schlichten Beschreibung. Sie beschreibt Gedanken. Ihre und die ihrer handelnden Personen. Dabei verstrickt sie sich und kommt vom hundertsten ins tausendste. 
Und plötzlich geht es zurück auf Start.
Überspitzt könnte man sagen. Cornelia Leymann erhebt das Banale zur Kunstform.
Das lass´ich mal so stehen. Bis mir etwas Besseres einfällt.
Übrigens, noch während des Lesens Kieler Kriminalitäten habe ich mir Kieler Bagaluten besorgt. Wollte nicht länger warten. Habe ich auch schon gelesen. Rezension folgt in Kürze.

 

 

Cornelia Leymann
Kieler Kriminalitäten

ISBN: 978-3-96041-935-8

Verlag: emons:

Erschienen: 14.04.2022

Seitenzahl: 274


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Cornelia Leymann, geboren 1951 in Hannover, hat dort erst Pädagogik und dann Verkehrsingenieurswesen studiert und ist nach einigen Umwegen in Kiel hängen geblieben, wo sie als EDV-Spezi in Kieler Großbetrieben arbeitete. Heute widmet sie sich neben ihrer großen Liebe Bridge nur noch dem Schreiben und Malen.

Kommissar/e

Tatort/e