Rezension
Ein Jahr nach Erscheinen seines ersten Bandes 2015 um die Kommissarin Lena Larcher Leise, stirb leise beweist Reinhard Rohn mit Morgen stirbst Du ein weiteres Mal seine Klasse als Autor eines Krimis  - ganz nah am Thriller.
Reinhard Rohn baut Spannung auf durch zunächst kaum wahrnehmbare Details. Der eilige Leser wird um das Vergnügen gebracht, das langsame Anwachsen von Spannung „in Echtzeit“ mitzuerleben. Das wäre schade.
Das Buch beginnt und endet mit einer Trauerfeier. Gedämpfte Stimmung, kaum ein lautes Wort, Vermutungen, Hoffnungen und Verdächtigungen. Das sind die prägenden Zutaten der Handlung. Reinhard Rohn ist sehr mutig und sehr konsequent. Das Ergebnis ist ein unverwechselbarer Schreibstil, der mich stark an einige „Amerikaner“ erinnert, ohne dass ich dem deutschen Autor auch nur einen Hauch von Nachahmung unterstellen möchte.
Protagonistin ist die Hauptkommissarin Lena Larcher, die ihren Mann und ihren Sohn bei einem Autounfall verloren hat, den sie selbst verschuldet hatte. Der Druck, der seit diesem furchtbaren Ereignis auf ihr lastet, zeigt sich in Träumen, in plötzlichen Erinnerungen, ist eigentlich ständig vorhanden – mal stärker, mal schwächer. Der Autor vermeidet aber, dass der Leser diese Rückblenden im Handlungsablauf als störend empfindet.
Zu Lenas Leben gehören auch Männer. Es folgt keine Love-Story – alle „hängen“ im wahrsten Sinne des Wortes an ihr. Mehr oder weniger. Die Mehrzahl meint es (im falsch verstandenen Sinne) gut mit ihr. Das mag hergeholt und ermüdend klingen, ist es aber nicht. Da Reinhard Rohn nie oberflächlich wird, haben all seine Figuren eine Bedeutung und Aufgabe.
Auslöser der Handlung ist ein Mord, der zunächst nicht wie ein Mord aussieht. Lena Larcher kennt den Toten unter einem anderen Namen. Er war ihr sympathisch – jetzt ist er tot. Lena glaubt nicht an einen Selbstmord, gestützt wird ihre Vermutung durch sehr nachdrücklich geäußerte Hinweise einer etwa achtzig Jahre alten Dame, die alles andere als einen „alten“ Eindruck macht. Sie bat den verstorbenen Journalisten zu Lebzeiten, ein Buch über die Bilderberger zu schreiben.
Sie kennen die Bilderberger nicht? Ging mir genauso. Hier ist die Erklärung:
„Die Bilderberg-Konferenzen sind informelle, private Treffen von einflussreichen Personen aus Wirtschaft, Politik, Militär, Medien, Hochschulen, Hochadel, Geheimdiensten und christlichen Kirchen, bei denen Gedanken über aktuelle politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen ausgetauscht werden.“ So steht es bei Wikipedia zu lesen. Wieder mal etwas dazu gelernt. Beim Lesen eines guten Krimis.
Lena ist ein Profi und hat ein Ziel vor Augen. Sie arbeitet auf ihre Art und Weise. Nicht laut, aber unbeirrbar. Sie beweist Mut und bekommt trotzdem nichts Heldenhaftes.
Neben den Ermittlungen der Hauptkommissarin gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang, der in besonderem Maße Erinnerungen an die von mir erwähnten „Amerikaner“ weckt.
Habe ich auch Ihre Neugier wecken können, lieber Leser? Übrigens: Für Kölner Krimi-Fans ist dieses Buch ein "Muss". Hier stimmen alle Angaben.
Morgen stirbst Du erschien im Oktober 2016 bei dtv.
Reinhard Rohn
Morgen stirbst Du


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Reinhard Rohn, 1959 in Osnabrück geboren, lebt in Köln und Berlin und arbeitet als Schriftsteller, Übersetzer, Lektor und Herausgeber. Er hat zahlreiche Kriminalromane ins Deutsche übersetzt, bevor er selbst mit dem Schreiben begann. Seit 2010 veröffentlicht Rohn ebenfalls unter dem Pseudonym Arne Blum Krimis.

Kommissar/e

Nach vielen Monaten kehrt die Kommissarin Lena Larcher ins Berufsleben zurück. Sie hat einen schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten. Ja, die Kollegen nehmen Rücksicht, so gut es geht, aber es geht halt nicht immer gut. Denn der Mordfall, den sie und ihr Kollege Henning Mahn aufklären soll, fordert ihre ganze Aufmerksamkeit. Eine starke Frau, aber keine Heldin.

Tatort/e