Die Klatschreporterin eines Hochglanzmagazins in einem Mordfall auf Fehmarn auf Tätersuche zu schicken – das fand ich ganz schön mutig, als ich den Klappentext las. Denn Fehmarn ist nicht Sylt.
Aber ich befand mich nun einmal mit meiner Frau für ein paar Tage auf dieser herrlich normalen Insel und besorgte mir gleich am ersten Tag in Burg den passenden Regionalkrimi. Übrigens, Burg ist mit etwa 6.000 Einwohnern der größte Stadtteil von Fehmarn. Burg ist keine Stadt (mehr). Die gesamte Insel ist nämlich seit dem 1. Januar 2003 eine Stadt geworden, nach Zusammenlegung aller Gemeinden. Lesen bildet.
Sophie Sturm, so heißt die Reporterin, will sich eigentlich bei Freunden vom beruflichen und privaten Stress erholen, zusammen mit ihrem Hund Pelle. Der spielt in der Handlung auch eine Rolle.
Was passt zu Klatsch, Hochglanz und Insel noch? Richtig: Gold.
Es hat nichts mit Bildungsmangel zu tun, wenn man nicht weiß, dass es sich bei Gold (im Südwesten der Insel gelegen) um einen winzigen Ort mit Naturstrand handelt: ein Paradies für Wassersportler, besonders für Kiter, Surfer und Segler. Und in dieser Idylle wird innerhalb einer Woche die zweite tote Kitesportlerin gefunden – ausgerechnet von Sophie Sturm.
Für die Klatschreporterin bedeutet der Fund gewissermaßen das Startzeichen, sich in die Ermittlungen einzumischen. Doch wird ihr Eifer von Stefan Sperber gebremst. Der ist Kriminalhauptkommissar bei der Kripo in Lübeck und der Ehemann von Tina, ihrer Freundin, bei der sie sich eigentlich erholen will.
Sophie nervt, aus Sicht von Stefan. Denn ihr fallen während der Tätersuche ein paar Ungereimtheiten auf, die eigentlich dem berufsmäßigen Ermittler hätten auffallen sollen. Für das permanente Einmischen der Urlauberin in die Tätersuche gibt es neben „ihrem“ Fund einen weiteren Grund: Sie hat auch schon als Polizeireporterin gearbeitet. Auf Amtsebene ermitteln neben Stefan Sperber noch Polizeihauptkommissar Larrson und sein Kollege Claas Meier.
Ungewöhnlich, und auch erschwerend, ist für die Polizei das Umfeld, im dem sie ermitteln: Bei jungen Leuten, die nur ihren Sport im Kopf haben und dazu noch beneidenswerte Lebenseinstellungen besitzen. Da kommt es schnell zu Vorurteilen. Auf beiden Seiten. Uniformen schaffen zuweilen Distanz. Die blonde Sophie mit ihren langen Beinen (steht so im Buch) und ihrer kumpelhaften Art hat es schon leichter, sich mit den Kitern bei einer Flasche Bier zu unterhalten, um Neues zu erfahren. Das klingt mehr nach Hawaii und Beach Boys als nach Ermittlungen in einer Mordsache, doch diese Stimmung ist nicht von Dauer.
Ich kann aus eigener Erfahrung vor Ort bestätigen: Es ist ein Regionalkrimi. Dieser bietet zusätzlich etwas Neues. Einblicke in das Gefühlsleben von Jugendlichen, ohne dass es ein „Jugendroman“ wird. Dafür gebührt der Autorin Anerkennung.
Anke Clausen, ich bitte um Nachsicht, dass ich Ihre Vita erst zum Schluss erwähne, aber irgendwie hat sich die Reihenfolge diesmal so ergeben. Die Autorin, Jahrgang 1970, lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Nach 20 Jahren in der Fernsehwelt als Kamerafrau und Regieführende Bildmischerin arbeitet sie heute als freie Autorin, Mit dem Kriminalroman Ostseegrab startete sie im Herbst 2007 ihre Serien um die ebenso hübsche wie neugierige Hamburger Klatschreporterin Sophie Sturm. Genau so steht es im Klappentext des im Gmeiner-Verlag erschienen Buches.
Wer lange nicht oder noch nie auf Fehmarn war, wird durch dieses Buch (hoffentlich) neugierig gemacht. Ich bin mir sicher, dass der Anteil weiblicher Leser überwiegt.
Ihr zweites Buch Dinnerparty erschien 2009 im gleichen Verlag und mit derselben Insel als Tatort. Den werde ich auch lesen, einfach um zu erfahren, wie die Autorin ihre Protagonistin weiter entwickeln wird.