Erst kommt die Pflicht, in diesem Fall die Erklärung dafür, was ein Percht ist. Bei Wikipedia steht: „Ein Percht (Plural: Perchten) ist eine Gestalt des bayerisch-österreichischen alpenländischen Brauchtums, von denen es, vor allem in der Zeit von Ende November bis Januar, mehrere verschiedene unterschiedlichen Charakters gibt, die sich wiederum zwei Gruppen zuordnen lassen: den „guten“ Schönperchten und den „bösen“ Schirchperchten, die mit ihren umgehängten Glocken nach einer Sage den Winter – bzw. die bösen Geister des Winters – austreiben sollen“. Möchten Sie mehr über dieses Brauchtum erfahren, lieber Leser, dann suchen Sie bitte im Internet auch gleich nach weiteren Informationen über Bad Gastein. Es lohnt sich.
Jetzt folgt die Kür: Die Rezension zu Georg Grachers Alpen Krimi Perchtensprung.
Zunächst eine kleine Gebrauchsanleitung: Sofern Sie mit der Region und ihren Bräuchen nicht oder nur wenig vertraut sind, bringen Sie auf jeden Fall die Bereitschaft zum Weiterlesen mit. Denn das, was der Autor zu Beginn schreibt, ist gewissermaßen das Grundwissen für den Handlungsverlauf. Es lohnt sich.
Der Autor taucht tief und gleichzeitig schonungslos ein in das Wirrwarr der Gasteiner Gesellschaft. Nein, Wirrwarr ist verkehrt, das würde ja mit Unordnung gleichzusetzen sein. Hier weiß schon jeder ganz genau, was er tut. Wie er es tut und mit wem er es tut. Zeitweilig beschlich mich das Gefühl, eines dieser Hochglanzmagazine zu studieren, die voll sind mit schönen Menschen, die ganz viel lächeln. Das trifft ganz besonders für die Damen und Herren des Perchtenvereins zu. Tradition wird ganz groß geschrieben. Davon lebt der Ort schließlich zu einem guten Teil und bevor man sich auf eine Neuerung einläßt, will eine solche Entscheidung wohl abgewogen sein. Bei der diesjährigen zweitägigen Vorstandssitzung auf der Rastötzenalm auf der anderen Talseite sollen heikle touristische Themen erörtert und die Wahl des neuen Perchtenhauptmanns besprochen werden. Überschattet werden die Vorbereitungen von immer noch schwelenden Gerüchten und Vermutungen zu dem sogenannten tragischen Unfall in der Gadauner Schlucht. An Polizeioberst Oskar Jacobi, dem Protagonisten des Buches, wird vertraulich eine Information herangetragen, die ihn zutiefst beunruhigt.
Zu Recht, wie sich herausstellt.
Auf die Rastötzenalm schaffen es die durchweg sportlichen Vorstandsmitglieder des Perchtenvereins noch. Doch kaum in der Hütte angekommen, bricht ein Sturm los, der alles bis dahin Erlebte in den Schatten stellt.
Das gilt nicht nur für die Naturgewalten, sondern auch für die Stimmung in der Hütte.
Während draußen der Wind heult, wird auch drinnen schweres Geschütz aufgefahren. Zum einen bieten die Tagesordnungspunkte genügend Sprengstoff, zum anderen nimmt keiner der sechs anwesenden Damen und Herren ein Blatt vor den Mund, wenn es um verbale Attacken gegenüber Dritten geht. Und da sind Anwesende keinesfalls ausgenommen.
Die persönlichen Angriffe scheinen sich kaum noch steigern zu lassen, bis es zu einem buchstäblichen Knall kommt.
Angst macht sich breit, denn keiner kann flüchten.
Da dies ein Krimi ist, bietet Georg Gracher wie gewohnt Polizei- und Ermittlungsarbeit mit einem Team, das Gracher-Lesern hinreichend vertraut sein dürfte.
Aber nicht die Arbeit der Ermittler ist es dieses Mal, die das Buch auszeichnet und beherrscht, sondern die Stimmung unter den Vorstandsmitgliedern des Perchtenvereins. Georg Gracher ist mit Freude und Begeisterung bei der Sache und schreibt und beschreibt geradezu hemmungslos.
Perchtensprung erschien 2014, und wie die anderen Bände aus der Oberst Oskar Jacobi Reihe, bei emons:.