Rezension
Russenbraut ist Freddie Nietschs fünfter Fall und mein erster, den ich mit dem Ermittler Freddie Nietsch lese. Dies ist ein Detektivroman. Keiner, wie ihn etwa Raymond Chandler schrieb, mit dem archetypischen „hardboiled detective“, sondern sehr viel gemäßigter und für den heutigen Leser nachvollziehbarer und verständlicher.
Die Idee, einen Privatdetektiv als Protagonisten zu wählen gefällt mir, weil er mehr Ermittlungsspielraum hat, man kann auch sagen: weil er „mehr darf“.
Doch Hugo Lobeck hat Freddie Nietsch an der langen Leine. Hier wird spannend aber „kontrolliert“ ermittelt. Ich rechne dem Autor auch hoch an, dass er eine Figur ohne befremdlich wirkende Eigenschaften gewählt hat. Freddie Nietsch betreibt ein Detektivbüro in Ottensen (ein höchst lebendiger Teil von Hamburg-Altona), der sich zunehmender Beliebtheit bei all denen erfreut, die Menschen lieben und das Leben genießen können. Bunt, lebhaft und erlebenswert. Genau das richtige private Umfeld für einen Privatdetektiv.
Detektive, die auf eigene Faust und somit auf eigenes Risiko arbeiten, sind erfahrungsgemäß nicht auf Rosen gebettet, es gibt viele Beispiele. Nicht so Freddie Nietsch, ihn hat der Autor mit einer Vita ausgestattet, die den Protagonisten in die Lage versetzt, nicht jeden Auftrag annehmen zu müssen. Seine Erfolge muss der Detektiv allerdings teilen. Mit Lieselotte Molders, kurz „Limo“ genannt.
Freddie Nietsch, der die Geschichte in der Ich-Form erzählt, stellt Limo so vor: „Ihr lila und grün gefärbtes Haar war zu einer borstigen Punkfrisur aufgestylt, sie trug Piercings an allen möglichen und unmöglichen Stellen , Ringe im Nasenflügel und in der Unterlippe, ein halbes Dutzend Ohrringe , einen Brilli im Bauchnabel, usw. Kurzum, sie war nicht die Art von Erscheinung, die im Anwaltsbüro, am Empfang oder am Bankschalter saß.“
Als besonders hilfreich erweist sich diese Eigenschaft: “Insbesondere bei der Internetrecherche war sie unschlagbar. Sie schaffte es, sich in kürzester Zeit in jedes Netzwerk zu hacken…“
Die Handlung beginnt mit überschaubaren Abläufen. Der Detektiv übernimmt einen Auftrag, dem er nur halbherzig nachgeht, weil er Klischees bedient, die eigentlich nicht seine Sache sind. Diese Halbherzigkeit hat allerdings Folgen und Freddie Nietsch muss sich anstrengen. Er arbeitet nach einem Mord, an dem er sich mitschuldig fühlt, eng mit seinem Freund Ariano Clepper, Hauptkommissar bei der Mordkommission, zusammen. Sie sind ein eingespieltes Team, auch hier weicht der Autor in wohltuender Weise von er üblichen Vorstellung ab, dass private Ermittler und Polizei beinah zwangsläufig ein gestörtes Verhältnis haben müssen.
Ein richtiger Privatdetektiv ermittelt auf der Straße. Er geht Spuren nach und stößt auf Hindernisse. Das ist zwar schmerzhaft, bleibt aber nicht aus. Da Freddie Nietsch nicht zu den ganz Vorsichtigen gehört, riskiert und erlebt er auch Zusammenstöße der schmerzhaften Art. Freude beim Lesen verspreche ich nicht nur Freunden von Detektivgeschichten, sondern auch Hamburgern, denn der Autor lässt es sich nicht nehmen, „seine“ Stadt mit in die Handlung einzubeziehen.
Russenbraut erschien im März 2016 im Lupus Verlag. Unter der ISBN ist das Buch im Buchhandel, bei Amazon oder (portofrei) beim Lupus Verlag, Schnellstraße 22, 22765 Hamburg zu bestellen.
Hugo Lobeck
Russenbraut


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

"Hugo Lobeck, Jahrgang 1952, geboren in Duisburg, seit 1971 in Altona, seit 1985 Zweitwohnsitz in Lanze (Wendland), Studium Philosophie, Germanistik, Besuch einer freien Kunstschule. Viele Jahre für verschiedene Presseverlage tätig. Seit 2009 freier Künstler und Autor. Teilnahme an der "kulturellen Landpartie" (KLP) seit 2000, an der Kunst-altonale seit 2005. Regelmäßige Ausstellungen in Norddeutschland, dabei besonders hervorzuheben: 2012 Rathaus Altona".

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