Das ist der erste Band aus der Krimi-Reihe mit Emilia Capelli und Mai Zhou. Der 2014 erschienene Band Siebenschön wird, wie die beiden folgenden Lotusblut und Sterbegeld bei dtv verlegt.
Band eins ist also das Debut der Autorin. Und nach einem guten Debut ist der Leser natürlich gespannt, ob dem Autor bzw. der Autorin ein weiterer Erfolg gelingt.
Band zwei und drei habe ich bereits gebührend gelobt, natürlich war ich jetzt auf den „Einstand“ der Autorin gespannt. Ich nehme das Ergebnis gleich vorweg: Sehr gut!
Warum?
Weil Judith Winter gekonnt und kalkuliert mit Emotionen umgeht, man kann auch sagen: spielt. Es ist ein schwieriges Spiel mit vielen Bällen, aber sie beherrscht es. So kompliziert und ineinander verwoben die Sachverhalte in diesem Krimi mit dem harmlosen Titel Siebenschön auch sein mögen. Die Autorin beherrscht die Handlung und spielt stattdessen mit dem Leser. Fast quälend langsam führt sie mich an die Tatorte und reiht mich ein in den Kreis der fassungslosen Ermittler. Was ist der Auslöser für solche Taten? Wer tut so etwas ?Ein Psychologe kommt zu Wort, versucht zu erklären und zu deuten, verharrt aber in seiner (berufsbedingt) passiven Rolle. Ich gebe es zu: Es macht mich schier kribbelig, wie mich die Autorin stufenweise an den Ursprung menschlicher Verirrungen heranführt.
Hört denn der Schrecken nicht mehr auf?
Doch, aber erst nach 432 Seiten. Denn Judith Winter braucht Platz für ihre Geschichte, viel Platz. Als wäre es nicht schon schlimm genug, Morde zu begehen, gibt sich der Täter mit der Inszenierung der Leichen allergrößte Mühe und der Polizei damit allergrößte Rätsel auf.
Die Rätsel zu lösen ist Aufgabe eines neu zusammengestellten Ermittlerteams in der Abteilung für Kapitaldelikte der Zentralen Kriminaldirektion Frankfurt. Die beiden jungen Frauen treffen nicht aufeinander, sie prallen aufeinander. Anders lässt sich die explosive Stimmung nicht beschreiben, als der Leiter der Abteilung Emilia Capelli, einer gebürtigen Italienerin, ihren neuen Partner vorstellt. Keinen Mann! Woran es bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich keinen Zweifel gab. Es ist eine Frau, und damit nicht genug, eine Halbchinesin, mit Namen Mai Zhou. Die als hübsch beschriebene Sechsundzwanzigjährige zeigt sehr rasch die aus europäischer Sicht typischen Wesenszüge einer Asiatin. Ruhig, beherrscht, sparsam in Gestik und Mimik. Eine harte Nuss, die Em da zu knacken hat. Und ein enttäuschender Start für Mai.
Doch die beiden Damen sind Profis und haben eine Aufgabe zu lösen. Das sorgt für Nähe und Körperkontakt.
Professionelle Polizeiarbeit, mühsame Recherche, eine Unzahl von Gedankenspielen und das Erschrecken bei den Ermittlern, als sie zwar Muster erkennen, aber von einer Lösung weit entfernt zu sein scheinen.
Judith Winter gönnt dem Leser zwischendurch kleine Pausen der Entspannung, in dem sie ihn ab und zu den verbalen Schlagabtausch zwischen Em und Mai miterleben lässt.
Siebenschön ist mehr als ein spannender Kriminalroman. Das Buch erhebt den Anspruch eines soliden Thrillers, unter gleichzeitigem Verzicht auf Übertreibungen, Action und Heldentum.
Im ersten Buch habe ich bereits mit Bedauern festgestellt, nicht mehr über die Autorin gefunden zu haben, als das, was der sparsame Klappentext hergibt. „Judith Winter, 1969 in Frankfurt am Main geboren, studierte Germanistik und Psychologie in Berlin und Wien und arbeitete viele Jahre in einem renommierten wissenschaftlichen Institut, bevor sie sich selbständig machte. Nach Aufenthalten in Mailand und Paris lebt sie heute mit ihrer Familie in Konstanz.“