Rezension

Das sollten Sie unbedingt über Hunkeler wissen Einen Kriminalroman mit Kommissär Hunkeler sollte man nicht einfach zur Hand nehmen und „loslesen“. Es gehört Wissen um seine Figur, seine Kollegen, sein Umfeld und seine Verbundenheit zu Basel, wo er wohnt, und dem Elsass, wohin er zu gern flüchtet, wenn ihm mal wieder alles zu viel wird. Peter Hunkeler, nur von Freunden auch Hunki genannt, heißt in den Romanen stets nur Hunkeler. Er ist Kommissär des Kriminalkommissariats Basel, war früher Familienvater, ist geschieden und hat eine Freundin namens Hedwig. Jeder hat seine Wohnung und auch seine Reiseziele. Sie verbringen gern Zeit zusammen und Hunkeler träumt von einer gemeinsamen Zeit „später einmal“, noch ist es aber nicht so weit, der Realisierung gemeinsamer Unternehmungen steht häufig ein neuer Fall im Weg, in den Hunkeler sich verbeißt. Wenn er ermittelt, dann mit vollem Körpereinsatz. Da kennt er weder Freund noch Feind. Die Freunde, auch die alten von früher, umschmeichelt er und lockt und verabschiedet sich genau dann von ihnen, wenn er genügend erfahren hat, oder sich die Quelle als unergiebig herausstellt. Das meint er nicht böse – Hunkeler ist so. Von Zusammenarbeit hält er etwas in den Fällen, wo er mit jemandem seiner Wahl zusammen arbeitet. Die Büroarbeit ist seine Sache nicht. Wann er anwesend ist, bestimmt deshalb er, Hunkeler. Er gibt auf Nachfrage unverblümt zu, dass er am Rhein war oder sich in der Sauna erholt hat, oder dass ihm sein Rücken weh tut. Wenn er außerhalb des Büros nachdenken oder recherchieren will, dann tut er das. Ganz verhasst sind ihm die nachmittäglichen Rapporte, die Staatsanwalt Suter einberuft. Weder Ermahnungen noch Drohungen seines Vorgesetzten können Hunkeler zur Anwesenheit bewegen. Der Kommissär weiß genau, warum er sich dieses Verhalten erlauben kann: Suter braucht ihn. Denn Hunkeler hat Erfolg mit seinen unorthodoxen Ermittler- methoden. Mehr als einmal gesteht Suter ihm in schwachen Minuten, dass „er das beste Pferd im Stall ist“. Zwei Kollegen hat Hunkeler. Der eine ist Detektivwachtmeister Madörin, den kann er überhaupt nicht leiden. Der zweite ist Korporal Lüdi. Mit diesem verbindet ihn zwar nicht gerade die große Liebe, aber ein vernünftiger Gedankenaustausch ist immerhin möglich. Hunkelers Kopf ist voller Gedanken und Gedankensprünge, zu Beginn einer Ermittlung noch unsortiert, so dass es wirklich wenig sinnvoll ist, sie mit anderen zu teilen. Erst im letzten Moment, wenn es wirklich nicht mehr anders geht, dann holt er sich einen Kollegen zur Hilfe und braust los. Die Erklärung für das plötzliche Handeln liefert er der verdutzten Begleitung unterwegs. Hunkeler lebt mitten in Basel in der Mittleren Straße. Erholen, ausspannen, nachdenken und Zeit mit Hedwig verbringen, all das tut er auf seinem alten Hof, den er vor einigen Jahren erwarb Der Hof liegt gar nicht so weit von Basel entfernt - in der Nähe von Hésingue, im Elsass. Sein bevorzugtes Revier ist die Gastronomie-Szene rund um den Barfüßerplatz, also im Zentrum der Altstadt Grossbasel. Hier hockt und trinkt er so lange mit seinem Gegenüber, bis dieser endlich mit der gewünschten Antwort rausrückt. Denn diese Kneipenszene ist der ideale Nährboden für Gerüchte, Vermutungen und häufig auch Wahrheiten. So eine „Befragung“ kann schon mal Stunden dauern. Hunkeler ist ein Genussmensch. Er isst gern und gut und vor allen Dingen reichlich. Dazu trinkt er nur Weine seiner Wahl – sein Anspruch ist hoch. Fehlt noch ein Hinweis zur Region. Es wird ab Band zwei (Flattermann) immer deutlicher, wie sehr sich Hansjörg Schneider seiner Heimat verbunden fühlt. Dabei ergeht sich der Autor keineswegs in langatmigen Schilderungen prächtiger Landschaften. Er gibt vielmehr, fast nebenbei, Hinweise zu Bauwerken, Kunst und Geschichte. Anschaulich und einprägsam. Sofern er möchte, kann der Leser Hunkelers Wege genau verfolgen. Egal ob in Basel, im Elsass, im Jura oder im Schwarzwald. Alle Angaben stimmen. Meine Empfehlung lautet: Wer Georges Simenons Maigret schätzt, sollte mit Hansjörg Schneiders Hunkeler fortfahren. Der Autor schreibt in erster Linie Romane – diese haben einen Kriminalfall zum Inhalt. Deshalb stehen bei ihm nicht so sehr die Lösungen von Fällen im Vordergrund, sondern die Akteure. Silberkiesel Silberkiesel heißt der erste von insgesamt neun Krimis um den Kommissär Peter Hunkeler, er erschien im März 2013. Der letzte Band erschien im September 2015 und, wie die anderen auch, bei Diogenes. Die zweite Hauptfigur in Silberkiesel ist neben dem Kriminalkommissär der Türke Erdogan Civil. Der hat, wie Hunkeler auch, eine Freundin, eine Schweizerin, die mag er sehr gern und deshalb wohnt er mit ihr zusammen. Aber wenn er Urlaub macht, fährt Erdogan nach Hause, in die Türkei, zu seiner Frau und seinen drei Kindern. Der sympathische Türke muss in der Schweiz Geld verdienen, damit er seine Familie in der Türkei versorgen kann. Diese nicht alltäglichen Lebensumstände werden beim Lesen zur Normalität. Verständlich und nachvollziehbar beschrieben. Das ist für die Handlung wichtig, denn die Wege des türkischen Kanalarbeiters und des Kommissärs kreuzen sich. Mehrmals. Und da ist schon wichtig, mehr über die beiden zu wissen. Eigentlich möchte der türkische Saisonarbeiter in der Garderobe der Basler Kanalarbeiter duschen, aber er muss „noch mal runter“, weil der Anschluss Badischer Bahnhof verstopft ist. Alles Murren nützt nichts. Als Folge dieser Überstunde hat Erdogan etwas mehr in der Lohntüte und zweiundvierzig Diamanten in seinem Taschentuch. Von diesem kostbaren Fund musste sich kurz zuvor der Araber Guy Kayat trennen, als ihm die Polizei auf den Fersen war. Nicht etwa, weil es sich um Schmuggelware, sondern um Beweisstücke in einem sehr viel schwerwiegenderen Fall handelte. Also verschwanden die kostbaren Steine ganz schnell im Lokus und Kayat war Steine und Probleme los. Umgekehrt ist es jetzt bei Erdogan. Der hat jetzt beides. Steine und Probleme. Das heißt, zuerst stellt er sich vor, von nun an keine Probleme mehr zu haben. Doch seine Freundin denkt etwas realistischer. Schließlich ist sie älter, pragmatischer und sie kennt ihren Erdogan. Erdogan fühlt sich stark, wird aber in einem entscheidenden Moment schwach und begeht einen Fehler. Er hat nun keine ruhige Minute mehr. In diesem ersten Band um Hunkeler steht eindeutig die Aufklärung eines Verbrechens im Vordergrund. Noch ist wenig von Hedwig, seiner Freundin, zu lesen. Die Beschreibung seiner Kollegen fällt ebenso knapp aus wie die seiner abendlichen Streifzüge durch die Altstadt Basels. Silberkiesel ist ein guter Einstieg in die Reihe um Kommissär Hunkeler. Mit diesem Band sollten Sie unbedingt anfangen.

H. J. Schneider
Silberkiesel


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Hansjörg Schneider, geboren 1938 in Aarau, arbeitete nach dem Studium der Germanistik und einer Dissertation unter anderem als Lehrer und Journalist. Mit seinen Theaterst?cken ist er einer der meistaufgef?hrten deutschsprachigen Dramatiker, mit seinen Hunkeler-Krimis steht er regelmäßig auf der Schweizer Bestsellerliste. 2005 wurde er mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Er lebt als freier Schriftsteller in Basel und im Schwarzwand.

Kommissar/e

Er ist Kommissär des Kriminalkommissariats Basel, war früher Familienvater, ist geschieden und hat eine Freundin namens Hedwig. Jeder hat seine Wohnung und auch seine Reiseziele. Sie verbringen gern Zeit zusammen und Hunkeler träumt von einer gemeinsamen Zeit „später einmal“, noch ist es aber nicht so weit, der Realisierung gemeinsamer Unternehmungen steht häufig ein neuer Fall im Weg, in den Hunkeler sich verbeißt. Mehr über den Kommissäer erfahren Sie als Vorwort zu jedem Hunkeler-Krimi.

Tatort/e


"Silberkiesel" von Hansjörg Schneider - Rezension von Meine Kommissare




Schweiz - Meine Kommissare auf Tatort-Suche (erster Teil: Basel).



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