Rezension
Sterbegeld ist der dritte Krimi von Judith Winter. Die Autorin hat ein ungewöhnliches Ermittlerduo geschaffen, das gegensätzlicher nicht sein könnte. Emilia Capelli, eine Italienerin, und Mai Zhou, eine Chinesin. Die eine wird nur Em und die andere nur Mai genannt. Italienisches Temperament trifft auf chinesische Tradition.
Sie sind kein Dreamteam – aber sie sind Profis. Ach ja, und sie siezen sich immer noch.
Judith Winter räumt den beiden Protagonistinnen gerade so viel Platz für die Entfaltung ihrer Persönlichkeiten ein, dass der Handlungsablauf nicht darunter leidet. Im Gegenteil – der Leser wartet geradezu auf die nächste Begegnung der beiden. Auf ein dezentes Auskeilen oder einen kleinen Seitenhieb.
Sterbegeld bietet dem Leser doppelte Spannung, denn es sind zwei parallel verlaufende Geschichten, die erzählt werden. Dass es sich um zwei Erzählstränge handelt, wird dem Leser ganz behutsam – aber eindringlich vermittelt.
Zwei Morde sind geschehen, einer bereits vor Monaten. Der vermutliche Mörder, Armin Bormann, wurde gefasst und sitzt in Untersuchungshaft. Die Sache scheint klar zu sein. Keine Chance für Bormann. Der andere Mord wurde an einem Polizei-Kollegen verübt. Er gehörte einer abteilungsübergreifenden Spezialeinheit hat, die eine kriminelle Organisation überwachen und zerschlagen soll. Der junge Beamte war im Zuge einer missglückten Razzia erschossen worden.
„Und wie immer, wenn ein Polizist in Ausübung seines Dienstes den Tod gefunden hatte, schlugen die Emotionen hohe Wellen.“
Jemand muss den Einsatz verraten haben. Das bedeutet, es gibt einen Maulwurf in den eigenen Reihen. Das ist schon sehr schlimm, noch schlimmer ist allerdings für Em und Mai, die der Abteilung für Kapitaldelikte angehören, dass sie von der Abteilung für Interne Ermittlungen den Auftrag erhalten, beim Aufspüren des Maulwurfs zu helfen. „Wir brauchen jemanden, den wir so dicht wie möglich an die Beteiligten heranbringen können, ohne dass es auffällt.“
Die Begeisterung für diese zusätzliche Aufgabe hält sich in sehr engen Grenzen. 
Während Em sich noch aufregt, denn für Aufregung ist die Italienerin zuständig, muss sich die stets beherrscht auftretende Zhou mit dem vom Landgericht Frankfurt bestellten Pflichtverteidiger auseinandersetzen. Karel Schubert nimmt seine Aufgabe sehr ernst und macht dies auch Mai sehr eindringlich klar.
Karel schafft es in einem ersten Schritt, dass die zuständige Richterin entschieden hat, in die Beweisaufnahmen einzutreten. Das Engagement des hartnäckigen Pflichtverteidigers beeindruckt Zhou. Sie stellt gleichfalls in dem eigentlich abgeschlossenen Fall eigene Recherchen an.
Mit der Verfolgung dieser beiden Fälle belässt es die Autorin aber nicht. Da läuft nämlich noch eine weitere Geschichte im Hintergrund, mit der sie den Leser gemeinerweise sehr lange im Unklaren lässt.
Ich war schon von Lotusblut, dem vorangegangenen Krimi der Autorin, begeistert. Sterbegeld ist nicht „besser“, das wäre ungerecht. Es ist ein weiterer, hervorragend geschriebener Krimi einer Autorin, die ihr Handwerk versteht und beherrscht.
Das Buch erschien im Dezember 2015 bei dtv, wie auch schon Lotusblut und Siebenschön
Judith Winter
Sterbegeld


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Judith Winter, 1969 in Frankfurt am Main geboren, studierte Germanistik und Psychologie in Berlin und Wien und arbeitete viele Jahre in einem renommierten wissenschaftlichen Institut, bevor sie sich selbstständig machte. Nach Aufenthalten in Mailand und Paris lebt sie heute mit ihrer Familie in Konstanz.Schade, wirklich schade, gern hätte ich mehr über die Autorin erfahren. Wer es schafft, anhaltende Spannung außerhalb von Dialogen zu erzeugen und das über 445 Seiten, der hat dickes Lob verdient.

Kommissar/e

Die achtundzwanzigjährige Emilia Capelli, gebürtige Italienerin, ermittelt zusammen mit Mai Zhou, einer etwa gleich alten Chinesin. Die äußerst temperamentvolle Italienerin scheint keine Grenzen zu kennen, wenn sie von der Richtigkeit ihres Vorhabens überzeugt ist. Disziplinierter und nachdenklicher verhält sich hingegen Zhou.

Die achtundzwanzigjährige Emilia Capelli, gebürtige Italienerin, ermittelt zusammen mit Mai Zhou, einer etwa gleich alten Chinesin. Die äußerst temperamentvolle Italienerin scheint keine Grenzen zu kennen, wenn sie von der Richtigkeit ihres Vorhabens überzeugt ist. Disziplinierter und nachdenklicher verhält sich hingegen Zhou.

Tatort/e