Rezension
Ich beginne mit einem Geständnis: Ich kannte zwar das Trucker & Country-Festival, nicht aber die Tellspiele in Interlaken. Schon oft habe ich diese Stadt mit der riesigen Freifläche in der Ortsmitte besucht und die Fassaden der alten Hotels bewundert. An sogenannten "weniger schönen Tagen", als Pause zwischen Wandertagen in Hasliberg.
Nicht nur Interlaken ist mir vertraut, sondern auch der Autor Stefan Haenni. Er ergänzt die Reihe der mir bekannten Schweizer Autorinnen und Autoren ganz vortrefflich. Nein, er füllt keine Lücke. Er hat gewissermaßen ein eigenes Standbein, das ihm auch niemand streitig macht. Stefan Haenni schreibt unaufgeregt, vermeidet sogenannte Action und überfrachtet seine Leserschaft nicht mit überflüssigen Details. Der Autor erzählt flott eine jederzeit nachvollziehbare Geschichte, die natürlich Mord und Totschlag zum Inhalt hat.
Dass ein guter Krimi ohne Brutalität auskommen kann, beweist Stefan Haenni mit scheinbar leichter Hand wie ein routinierter Ermittler. Er setzt dabei auf ein Ermittlerteam, das an Originalität kaum zu übertreffen ist. Der Thuner Privatdetektiv Hanspeter Feller und sein Mitarbeiter Jürg Lüthi arbeiten mit einer Unaufgeregtheit, die mich immer wieder an eine unserer norddeutschen Eigenschaften erinnert, die wir "dröge" (trocken, schlicht, einfach usw.) nennen. 
Dabei ist Hanspeter Feller ein Fuchs, der seinem Mitarbeiter gewissermaßen als Arbeitsgrundlage diese Erkenntnis mit auf den Weg gibt: "Als private Detektive können wir problemlos ein Treffen (mit Augenzeugen, Informanten oder Verdächtigen) in einem öffentlichen Lokal organisieren und sogar gemeinsam mit den Befragten Alkoholl trinken. Nicht selten löst er die Zungen. Zudem fühlen sich die Menschen in einer Beiz freier als in einem Büro oder Konferenzraum. Die ungezwungene Atmosphäre hilft der Wahheitsfindung wesentlich mit. Da haben wir einen großen Vorteil gegenüber der Polizei. Sie setzt auf die einschüchternde Wirkung der institutionellen Autorität...."
So, liebe Leser, jetzt haben Sie auch gleichzeitig die Arbeitsweise der Detektei kennengelernt. Sie charakterisiert den Umgang der beiden Detektive mit der Gegenseite.
Der aus Thun stammende Stefan Haenni verwebt die Geschichte um das mit einem Armbrustpfeil ums Leben gekommene Opfer geschickt und aufschlussreich mit der Geschichte des Freiheitskampfes des Volkes.Das macht er gekonnt und ohne erhobenen Zeigefinger.
Was mir etwas Sorgen bereitet, lieber Herr Haenni, ist die Zukunft des Hanspeter Feller. Was macht er künftig, wo bleibt er?
Tellspielopfer, der fünfte Fall um den Privatdetektiv Feller, erschien im April 2020 im Gmeiner-Verlag.  
Stefan Haenni
Tellspielopfer


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Die Vita des Autors, Dr. Stefan Haenni, lässt eigentlich bereits vermuten, dass er keine Reißer produziert, sondern etwas handwerklich Solides, in Schweizer Manier eben. Der 1958 geborene Autor studierte Kunstgeschichte, Psychologie und Pädagogik. Er arbeitet an einem Thuner Gymnasium als Lehrer für bildnerisches Gestalten.

Kommissar/e

Hanspeter Feller und Jörg Lüthi. So heißen der Privatdetektiv und sein Assistent. Dienstfahrzeug des Duos ist ein nagelneuer FIAT 500. Damit verfolgen die beiden keine Verbrecher, sondern begeben sich im Zuge ihrer Ermittlungen zu den verschiedenen Zielen. Es sind fleißige Arbeiter mit typisch schweizerischen Eingenschaften, denen man als Leser gern zuschaut.

Tatort/e