Rezension
In „meiner“ kleinen Buchhandlung in Horumersiel fand ich im Februar 2015 Tod auf dem Siel.
Es ist ein „echter Flessner“. Vielleicht der beste der bislang erschienenen Bücher um den Hauptkommissar Gerd Greven – stets nur Greven genannt. Der Protagonist hat es nicht nur im Kopf, sondern auch im Knie. Die Folgen einer Schussverletzung sorgen dafür, dass Greven im wahrsten Sinne des Wortes etwas langsamer treten muss. Das fällt dem schnell denkenden Ermittler nicht immer leicht. Allerdings halten sich im Kommissariat die Gerüchte, dass eben dieses Knie so mordfühlig ist, wie andere Menschen wetterfühlig sein sollen.
In Tod auf dem Siel kämpft der Hauptkommissar als Leiter der Sonderkommission Siel nicht nur gegen das Böse entlang der Siel-Orte (eine wahre Perlenkette für mich), sondern auch gegen Staub, Dreck und Ungemütlichkeit in dem von Mona und ihm bewohnten Haus. Seine Lebensgefährtin ist Künstlerin, sehr eigenständig und Eigentümerin dieses Hauses. Auf diesem Terrain ist Greven deshalb chancenlos – sein Anrecht auf Mitbestimmung hält sich in Grenzen. Er muss sich dem Monas Willen fügen.
Nicht so bei der Verfolgung eines Todesschützen, der scheinbar wahllos Frauen dort erschießt, wo andere gern ihre Urlaubstage verbringen. In wunderschönen kleinen und malerischen Orten mit vielen bunten Schiffen und hübschen alten Häusern am Wasser.
Licht in Grevens Alltag scheint die neue Kollegen Kirsten Resemius aus Wilhelmshaven zu bringen. Ihr optisches Erscheinungsbild und ihre Stimme hellen sein Stimmungsbild auf, bis sich die Kommissarin als sehr selbstständig denkende und handelnde Kolligen herausstellt. Das hatte sich Greven ganz anders vorgestellt. Für ihn heißt es nun: mehr Wettbewerbs als Zusammenarbeit.
Doch der Autor entfernt sich nicht vom Handlungsablauf, er sucht eine brauchbare Spur, die resolute Staatsanwältin macht mächtig Druck und der nächste Mord scheint unausweichlich zu sein.
Schweres Geschütz fährt Bernd Flessner mit der Figur des Mörders und dessen auf Anhieb nicht nachvollbaren Handlungsmuster auf. Eben noch folgt der Leser der vom Autor absolut wirklichkeitsgetreuen Schilderung der Region, da wird aufkommendes Fernweh von einem weiteren Mord empfindlich gestört.   
Ich kenne die Nordseeküste zwischen Greetsiel im Westen und Wilhelmshaven im Osten recht gut und kann deshalb die Spuren der Ermittler gut nachverfolgen. In Verbindung mit einem flotten Schreibstil und nicht nachlassender Spannung gebührt dem Autor Anerkennung.
Tod auf dem Siel erschien im Jahr 2014 und, wie auch die vorherigen Bände, im Leda-Verlag.    
Bernd Flessner
Tod auf dem Siel


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Bernd Flessner wurde 1957 in Göttingen geboren und wuchs auf in Ostfriesland, in Greetsiel,einem zauberhaften Ort übrigens. Mehr und wirklich Lohnenswertes über den Autor erfahren Sie unter www.bernd-flessner.de. Der Autor lehrt Germanistik und ist Mitglied im Arbeitskreis ostfriesischer Autoren.

Kommissar/e

Ermittler und Protagonist in den Krimis von Bernd Flessner ist Hauptkommissar Gerd Greven von der Mordkommission in der Polizeiinspektion Aurich, Fischteichweg 1-3. Der Autor nennt ihn nur Greven. In den ersten Bänden nennt ihn seine Lebensgefährtin Mona auch nur so, auch wenn sie es mal sehr lieb mit ihmn meint. Doch hat die (scheinbar) unverbindliche Anrede nie die Stimmung zwischen den beiden getrübt. Greven und seine Mona gehen sehr liebevoll miteinander um. Der intakten Zweierbeziehung wird reichlich Raum zugestanden, aber das geht in Ordnung, dieser Teil gehört zum Handlungsablauf, zumal Mona auch ihren Teil zur Aufklärung beiträgt. Die nicht gerade erfolglose Kunstmalerin sorgt dafür, dass ihr Lebensgefährte auch eine Welt ohne Mord und Totschlag kennenlernt, in dem sie ihn regelmäßig mit viel gutem Zureden zu Kunstausstellungen mitnimmt. Dieser Ermittler arbeitet gern allein. Zwar bezieht er seine Mitarbeiter mit in seine Überlegungen ein, das aber mit deutlich zeitlicher Verzögerung. Das mögen nicht alle Kollegen und vor allen Dingen nicht immer. Diese Eigenschaft lebt er in Friesengold nicht mehr in gewohnter Form aus.

Tatort/e