Rezension
Können Sie sich vorstellen, wie das ist, wenn man neu in einer Kleinstadt ist und sich vom ersten Tag an überhaupt nicht willkommen fühlt? Nein, keine offensichtliche Abneigung - aber bewußt gelebte und erlebte Distanz. Der jungen Antonia, einer alleinerziehenden Mutter, geht es so. An ihrer äußeren Erscheinung kann es wirklich nicht liegen, mit Ausnahme vielleicht bei Frauen, die, sagen wir mal, etwas besorgt um ihre Männer sind. Ja, da bestünde in der Tat begründete Sorge. Antonia legt Wert darauf Tonja genannt zu werden, für sie der einzige Kompromiß an ihren ungeliebten Vornamen.  
Mit ihrem kleinen Sohn will sie das von ihrem verstorbenen Vater geerbte Haus in Goslar beziehen und hat sich mit diesem Wunsch eine Herkules-Aufgabe vorgenommen. Der fühlt sich Tonja gerade noch gewachsen, aber täglich aufs Neue zu spüren dass sie gemieden wird, das belastet sie zunehmend. Auch ihre Mutter ist keine große Hilfe. Sie ist überhaupt keine Hilfe. Im Gegenteil, ihre Kommentare zu Tonjas Hilferufen verunsichern die junge Frau nur noch mehr.
Wem kann sie überhaupt vertrauen? Den Schulfreundinnen ihrer Mutter: Veronika und Dorothea? Ich bitte Sie!. So, wie die beiden um Tonja heraumschwänzeln und sich pausenlos in Andeutungen zur Tonjas Vergangenheit ergehen. Die verbalen "Einschläge" aus dem Umfeld kommen näher. Was soll Tonja davon halten, wenn sie mehr oder weniger verhalten, zuweilen auch rücksichtslos, gefragt wird, ob sie sich denn gar nichts erinnern kann, was mit ihrer Kindheit zusammenhängt. Woran erinnern?
Einen Lichtblick gibt es. Der hat einen Namen und heißt Achim Gruber, von Beruf Kriminalhauptkommissar.
"Vor ihr stand ein stattlicher Mann mit vollem, dunklen Haar und ebenso dunklen Augen, die sie amüsiert musterten. Angesichts der Attraktivität des Mannes fuhr Tonja sich verlegen durchs Gesicht, was das Lächeln des Mannes noch vertiefte."
Er hat die Nachfolge von Hauptkommissar Weber angetreten und durchforstet "alte" Fälle auf Ungereimtheiten. Von denen es leider auffallend viele gibt. Einer davon ist der Tod von Tonjas Vater. Für die Goslarer ist der Fall abgeschlossen. Da gibt es nichts mehr zu deuteln, oder doch?
Diesen einen Satz: "Kannst Du dich denn an gar nichts mehr erinnern" bekommt sie nahezu täglich mantraartig zu hören.
Liebe Leser, das war bis hierher nur der Auftakt. Oder haben Sie geglaubt, dass der Profi Marion Griffith-Karger sich mit dieser "Geschichte" zufrieden gibt?
Die Handlung gewinnt zunehmend an Brisanz, als die Leiche eines vermissten Mädchens im Wald gefunden wird und zunehmend Antonias Vater ins Visier der Ermittlungen gerät. Wieso das?
Die junge Mutter versteht die Welt nicht mehr. Gruber scheint der einzige Mensch zu sein, der überhaupt Licht ins Dunkel bringen kann. Auf professionelle Art und Weise. Ach ja, und noch jemand wird plötzlich zu einer wichtigen Person für Antonia.
Tod im Harz erschien Ende 2019 bei emons:. Ich kann nur hoffen, dass sich die Autorin zu einer Fortsetzung mit Kriminalhauptkommissar Gruber entscheidet. Er hätte es verdient.  
M. Griffiths-Karger
Tod im Harz


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Marion Griffith-Karger verbrachte ihre Kindheit auf einem Bauernhof in Ostwestfalen. Nach Kaufmannslehre und Studium der Sprach- und Literaturwissenschaft wurde sie Werbetexterin in München, später Teilzeitlehrerin und Autorin. Die Deutsch-Britin ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern, lebt mit ihrem Mann bei Hannover und schreibt und liest mit Leidenschaft Kriminalromane". Noch mehr erfahren Sie auf ihrer Website www.marion-griffiths-karger.de.

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