Rezension
Das ist der zweite Band nach dem 2009 erschienenen Wien Krimi Das Bild vom Tod. Ich bin froh, den ersten Band gelesen zu haben, so bin ich vorbereitet, auf das, was mich erwartet. Das betrifft die Namen der Akteure, aber auch das unvermutet schnelle Eintauchen in die Handlung. Denn damit verliert Iris Strohschein keine Zeit. Das hat sie wohl von ihrer Protagonisten Rosa übernommen. Die Kunsthistorikerin, die seit dem Tod ihres Mannes Paul allein in einem restaurierten Bauernhaus am Rand der Stadt lebt, schätzt zwar Momente der Muße, kann aber auch rasch reagieren, ohne lange zu fragen.
Diese Fähigkeiten sind bereits auf der ersten Seite gefragt. Liebhardt, der Chefinspektor des Morddezernats, den sie seit ihrer Schulzeit kennt, fragt sie am Telefon nur:“ Rosa, wir haben etwas gefunden, bei dem wir deine Hilfe brauchen. Wann kannst du kommen?“
Rosa antwortet: „Ich kann in einer Stunde in Wien sein.“
Dabei ist es nicht der „übliche“ Fund einer Leiche. Nein, durch einen Hangrutsch im Wiener Kuchelauer Hafen wurde ein historisches Massengrab freigelegt.
Der Fund ist schon grausam genug, aber das Schweigen der Bevölkerung ist genauso erschreckend. Niemand kann oder will sich erinnern, alte Kirchenbücher, die noch Aufschluss geben könnten, verschwinden. Die Arbeit von Polizei und Feuerwehr wird behindert.
Licht in das Dunkel des grauenhaften Fundes könnte die Leiche eines Mannes liefern, der erst vor wenigen Tagen ermordet wurde und bei dem die Polizei ein wertvolles Brustkreuz fand.
Rosa macht das das, was sie kann. Sie analysiert kunsthistorische Fundstücke, gräbt sich tief in die Vergangenheit des Ortes, beschäftigt sich mit der Geschichte der Bewohner und verknüpft ihre Erkenntnisse mit alltäglichen Beobachtungen. Liebhardt erzählt sie davon nur bruchstückhaft, denn eine der vielen Fährten, die sie verfolgt, könnte Wissen zu dem bis heute ungeklärten Tod ihres Mannes beinhalten. Den Leser erwartet nicht nur ein Krimi, sondern auch ein Wien-Führer - die Autorin zeigt ihre Stadt und nimmt den Leser buchstäblich auf ihren Wegen mit.
Natürlich hat Rossa auch ein Privatleben. Ihr kleiner Freundeskreis ist, sagen wir mal, etwas skurril, aber höchst liebenswert. Mit Hingabe widmet sie sich dem Thema Essen. Egal, ob sie im eigenen Garten erntet, zu Hause kocht oder sich ein für ihre jeweilige Stimmung passendes Lokal aussucht. Für Rosa ist Essen jedesmal ein kleines Fest. Dafür gibt es von mir noch einmal Sympathiepunkte.
Ist das Thema Krimi zu kurz gekommen?
Das sollte nicht sein. Denn ihr zweiter Band Wiener Schweigen, der 2012, wie schon der erste, auch bei emons: erscheint, ist ein starker Regionalkrimi, geprägt von einer starken Protagonistin. Rosa Blum drängt sich nie in den Vordergrund - Rosa macht. 
Iris Strohschein
Wiener Schweigen


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Die Informationen zur Autorin sind nicht gerade üppig. Iris Strohschein, 1970 geboren, lebt in Wien. Sie studierte ebendort Publizistik, Soziologie und Geschichte und arbeitet im Bildungsbereich. Eine Website habe ich nicht gefunden.

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