Rezension
Ich kenne Jobst Schlennstedt und ich kenne seinen Protagonisten, den Lübecker Kriminalhauptkommissar Birger Andresen.
#hanseterror bietet einen neuen Jobst Schlennstedt und einen neuen Birger Andresen. Die Entwicklung ist überraschend und kühn und gelungen. Hut ab, vor beiden. Diese beschauliche Hansestadt, die Berühmtheit erlangt hat durch die Buddenbrooks, das Holstentor und leckeres Marzipan, diese Stadt wird zum Mittelpunkt schrecklicher Ereignisse.
Unvorstellbar?
Heute ist der 27. Juli 2016. Schauen Sie mal im Netz nach, was gerade in diesen Tagen in Europa geschieht bzw. geschehen ist.
Die Fakten: In Lübeck kommen die wichtigsten Außenminister der Welt zum G7-Gipfel zusammen. Das Polizeiaufgebot ist beträchtlich. Die Sicherheitsmaßnahmen umfangreich.
Der Protagonist Birger Andresen treibt sich scheinbar ziellos in der Stadt herum. Ihn kümmern weder das Treffen der Großen noch die damit verbundenen polizeilichen Maßnahmen. Als neuer Leiter der X-Einheit (die sich um die Aufklärung „alter Fälle“ kümmern soll) trägt er nicht mehr die Verantwortung eines Leiters der Mordkommission. Die trägt jetzt sein Nachfolger Ben Kregel. Der Umgangston zwischen den beiden hat eher etwas Geschäftsmäßiges. Noch mehr Distanz zu Andresen hält der Polizeipräsident Franz Zeichner. Denn den sehr eigenmächtigen Auftritt seines Untergebenen im letzten Fall (siehe hierzu: Lübeck im Visier) hat Zeichner immer noch nicht verarbeitet.
Die fehlende Zuneigung seitens der Herren Kregel und Zeichner nimmt ein Mann wie Andresen bestenfalls zur Kenntnis. Seine Arbeitsweise und sein unbedingter Wille zur Aufklärung von Verbrechen werden hierdurch nicht beeinträchtigt. Birger Andresen ist Polizist aus Berufung und Leidenschaft. Sein Mut ist die Folge seiner Überzeugung, das Richtige zu tun. Das muss reichen.
Natürlich ahnt der Leser, dass irgendetwas von Bedeutung geschehen wird, wenn Jobst Schlennstedt ein G7-Treffen in den Mittelpunkt der Handlung stellt.
Fragt sich nur: was?
Mit der Antwort lässt sich der Autor Zeit. Reichlich Zeit. Diese Zeit nennt man Folter. Davon versteht Jobst Schlennstedt sehr viel.
Und er lässt den neuen Leiter der X-Einheit fast verzweifeln an der Uneinsichtigkeit seiner Vorgesetzten. Birger Andresen ist sich ganz sicher, dass es Zusammenhänge gibt zwischen zwei Ereignissen und dem Gipfel, unmittelbar vor dem Eintreffen des amerikanischen Außenministers. Denn sein Arbeitsplatz ist auf der Straße und was seine Kontaktleute ihm anvertrauen, kann man glauben.
Der Autor verwendet in diesem Band viel Sorgfalt auf die Darstellung seines Protagonisten. Er nimmt ein wenig Glanz und Glamour, verleiht ihm mehr Alltagstauglichkeit und widmet sich seiner persönlichen Geschichte. Dieser Teil gehört für mich dazu. Zu jedem Held gehört auch eine Geschichte mit einer Frau, auch wenn die Geschichte nicht so lustig ist oder war.
Das Buch hat 213 Seiten. Auf jeder Seite baut der Autor mehr Spannung auf.
Er lässt die RAF aufleben und erinnert den Leser damit daran, dass auch dieses Kapitel noch nicht abgeschlossen ist.
#hanseterror ist ein Lübecker Thriller aus der Feder eines Kriminalautoren. Lieber Jobst Schlennstedt, was haben Sie sich eigentlich als Steigerung vorgenommen?
Das Buch erschien im April 2016 und, wie die vorangegangen aus der Birger Andresen-Reihe, bei emons:. Für Lübecker ein Muss und für Birger Andresen-Fans eine Pflicht.
Jobst Schlennstedt
#hanseterror


Bewertung

5/5 Region

5/5 Sprache

5/5 Originalität

5/5 Emotion

5/5 Plot (das Handlungsgerüst)


Gesamtbewertung

Informatives

Autor/en

Jobst Schlennstedt wurde 1976 in Herford geboren und studierte Geographie in Bayreuth. Seit 2004 lebt er mit seiner Familie in Lübeck. Seinen ersten Kriminalroman schrieb er 2006. Sehr informativ und lesenswert ist die persönliche Website www.jobst-schlennstedt.de.

Kommissar/e

Birger Andresen. Der Kriminalkommissar arbeitet eng mit seinem Team zusammen, besonders eng mit der Hauptkommissarin Ida-Marie Berg. Auch über sein Leben nach Dienstschluss erfährt der Leser etwas. Gehört in diesem Fall zur Handlung.

Tatort/e